In vier Wochen beginnt das Frühjahrsfachgespräch 2013. Wir verkürzen Euch (und uns) nun die Wartezeit und stellen einige der Referenten & Themen, die Euch in Frankfurt erwarten, im GUUG-Blog vor. Nach Erkan Yanar geht’s heute mit Dr. Udo Seidel weiter, der uns 2013 die Vorzüge von Ksplice vorstellt.
Wie viele andere IT’ler bist Du Quereinsteiger: Du hast eigentlich Mathematik und Physik studiert. Wann hast Du gemerkt, dass Dein Herz dem Linux-Kernel gehört?
Das war 1996 – und die Geschichte ist vielleicht gar nicht so ruhmreich. Ich habe damals für meine Staatsexamensarbeit ein Programm in C geschrieben und benötigte viel Arbeitsspeicher. Die bekannte Segmentierung des Speichers unter DOS/Windows war da ziemlich im Weg. Die intelligente Lösung wäre ein cleveres Programm gewesen. Der einfache Weg war zu Unix zu wechseln. Als „Unix für zu Hause“ bekam ich Linux empfohlen. Knapp dreieinhalb Jahre war ein Dual-Boot von Linux und Windows die ultimative Lösung für die heimische IT. Eines Abends im Jahr 2000 „verlor“ ich fast alle Windows-Laufwerke durch zu waghalsige Experimente mit Partitionierungsprogrammen. Seit dieser Zeit ist Windows quasi Geschichte – nur bei der jährlichen Steuererklärung erweist es sich als nützlich.
In Deinem Vortrag auf dem FFG2013 widmest Du Dich einer sehr praktischen Frage: Wie bringt man während des Betriebs – also ohne Reboot – Kernel-Updates ins System? Dazu stellst Du das Tool Ksplice vor. Kannst Du uns mehr darüber erzählen?
Natürlich möchte ich hier nicht zuviel verraten. Die Ursprünge von Ksplice sind – wie so oft in diesem Umfeld – im universitären Bereich zu finden. Vier MIT-Studenten veröffentlichten 2008 eine Arbeit, welche die Grundlage von Ksplice ist. Die Geschichte des Software-Projektes ist recht abwechslungsreich, die letzte interessante Etappe ist der Kauf durch Oracle 2011. Das Besondere an Ksplice ist das Patchen des Linux-Kernels ohne den normalerweise notwendigen Reboot. Das Manipulieren von Betriebssystem-Kernen im laufenden Betrieb ist nicht unbedingt einfach, nicht einmal für Linux. Ksplice eröffnet neue Möglichkeiten und beachtet sogar den operativen Aspekt, der in großen Rechenzentren eine wichtige Rolle spielt.
Vor welchen Herausforderungen stehst Du bei Deiner täglichen Arbeit beim Rechenzentrum Amadeus Data Processing – setzt Du Ksplice dort auch selbst ein?
Amadeus besitzt ein nicht-kleines Rechenzentrum mit über 3000 Linux-Servern. In den vergangenen Jahren habe ich dort ein internationales Team von Unix/Linux-Sysadmins geleitet. International, weil ich Mitarbeiter in Erding, Miami und Sydney hatte UND weil das Team seine Wurzeln in sechs verschiedenen Länder hat. Wir leisteten Support für über 700 Server unter 24×7-Anforderungen. Wir versuchten also möglichst 100%-ig online zu sein. Änderungen an der Basis des Betriebssystems sind dann entsprechend schwierig durchzuführen, und Ksplice scheint hier eine mögliche Lösung zu sein. Im Moment gibt es noch ein paar Dinge, die einem Einsatz in unserem Rechenzentrum im Weg stehen. Ich bin aber zuversichtlich, dass die größten Hürden bald Geschichte sind.
Seit Beginn des Jahres leite ich ein Linux-Strategie-Team. Der Fokus liegt nun mehr auf Forschung und Entwicklung. Einfach gesprochen: welchen Linux-Weg soll/wird Amadeus in den nächsten Jahren gehen. Ksplice kann hier ein Mosaik-Stein sein.
Udo, vielen Dank für das Gespräch – wir sehen uns zu Deinem Vortrag am Freitag, d. 1. März um 11.15 Uhr. (Mehr Infos –>)
Interview: Corina Pahrmann